Montag, 29. Oktober 2012

Beobachtungen auf der Straße... und so

So, ausnahmsweise gab es gar keine besonderen Vorkommnisse - Zeit, mal ein bißchen aus dem Alltag zu berichten. Beispielsweise von der Straße.

Der Straßenverkehr läuft hier ja links rum und ich kann es auch nicht so recht sagen warum, aber ich kann mich daran einfach überhaupt nicht gewöhnen. Nicht, dass ich die Autos ständig von der falschen Seite erwarte - da hätte ich ja wenigstens noch ein Konzept - nein, ich hab irgendwie jegliches Gefühl dafür verloren, auf welcher Straßenseite man sich eigentlich mit welchem Verkehrsmittel bewegt. Das liegt sicherlich auch daran, dass auf den kleinen Straßen hier rund ums Wohnheim sowieso alle mehr oder weniger in der Mitte der Straße fahren und laufen. Und an meinem Hirn. Einfach voll überfordert. Dabei gibt es offenbar Verkehrsregeln, und zwar folgende:
Autos: Der erste, der an der Ampel rot hat, fährt definitiv noch rüber.
Fahrräder: Für Radfahrer gelten natürlich keine Regeln, genau wie zu Hause.
Fußgänger: sind sowieso überall im Weg (weil die Radfahrer lieber auf dem Gehweg fahren als auf der Straße) und können eigentlich nur versuchen, irgendwie dazwischen zu passen.
Ja, ich denke, damit habe ich die wichtigsten Regeln erfasst.

Ach ja, aber zum Radfahren noch eine Anmerkung. Meine Kommilitonin Jenny hat sich ein Fahrrad geliehen. Und als erstes den Sattel hochgeschraubt. Wenn man die hiesigen Radfahrgewohnheiten kennt, weiß man sofort, warum das notwendig war UND man weiß sofort, dass Jenny jetzt sehr deutsch Rad fährt und überhaupt nicht japanisch.


Und jetzt mal bitte einen Blick auf die Sattehöhe geworfen, und ihr wisst, was ich meine. Nein, das sind keine Kinderfahrräder. Das ist normal. Für Erwachsene. Die Japaner fahren so Rad, dass sich die Knie zwischen Hüft- und Achselhöhe bewegen. (Ich übertreibe wirklich nur ein kleines bißchen.) Und da frag ich mich doch: Was haben die Deutschen eigentlich immer mit ihrer Sattel-Einstellerei? Jeder macht immer einen Heidenaufwand wegen der "richtigen" Einstellung des Fahrrads, dabei ist das offensichtlich vollkommen unnötig. Wenn jetzt irgendwer argumentiert, das habe aber orthopädische Gründe, der soll mir erst mal die Horden orthopädisch geschädigter Japaner zeigen, die es dann ja irgendwo geben muss.

Ach ja, das untere Bild entstand vor einer Patchinko-Halle, Montag nachmittag gegen 15 Uhr. Ganz schön voll da. Der Reiz von Patchinko hat sich mir noch nicht erschlossen, zumal diese Spielhöllen OHRENBETÄUBEND laut sind (und glücklicherweise gut gedämmt). Aber wehe, die Tür geht auf... Also, sonst ist es schon selten ruhig hier, aber in den Dingern herrscht ein Lärm, der eigentlich Ohrenschützer-pflichtig sein müßte und ein startendes Düsenflugzeug vor Neid erblassen lässt. Die Menschen, die da hingehen, finden das entspannend (!). Ich versteh's nich.

Apropos deutsche Gründlichkeit/Kontrollwahn, da fallen mich auch noch die JapanerInnen und ihre Schuhe ein. Ich erwähnte es anfangs schon mal, hier gibt es einfach unfassbar viele Menschen, die so laufen, wie es uns abgewöhnt wurde, als wir unsere ersten selbständigen Schritte auf der Straße machten. Hintergrund, vielleicht: Die Schuluniformen schreiben auch die zu tragenden Schuhe vor. Wenn jetzt Eltern aber keine Lust haben, für ihre ja noch wachsenden Kinder ständig neue Schuhe für die Schule zu kaufen, kaufen sie einfach einmal die Uniform-Schuhe - zu groß. Das Kind hat nun drei Jahre Zeit, in die Schuhe reinzuwachsen, und das ganze dann wieder mit den neuen Schuhen für die Mittelschule und den neuen Schuhen für die Highschool. Und bis dahin hat sich jeder ganz sicher einen wunderbar schlurfenden Gang angewöhnt, den er nie wieder los wird. (Gilt für Jungs und Mädchen.) Schlecht/Nicht passende Schuhe kaufen: Würde deutschen Eltern in den seltensten Fällen passieren, glaub ich. Ich hab hier jedenfalls schon schief gelaufene Schuhe gesehen, das spottet jeder Beschreibung. Gerne auch Pfennigabsätze, die dermaßen schief gelatscht werden, dass mir das Fußgelenk schon beim Zusehen wehtut. Aber ohne Scheiß!
Natürlich hab ich auch in diesen Situationen NIE den Fotoapparat greifbar. Als Illustration müssen also diese schicken Treter herhalten. (Jungs, ich rede von den Schuhen. Den SCHUHEN.) Ich gebe zu, es war auf dem Uni-Kulturfest und die Mädels hatten sich in Schale geschmissen. ABER ich behaupte: diese Schuhe haben sie dafür nicht anschaffen müssen. Diese Treter haben die Mädels hier standardmäßig im Schrank. Und sie ziehen sie an - auch zur Uni. Und wo wir gerade bei Klamotten sind:
Ja, die Schuhe hier sind mit hohen Absätzen versehen, die Röcke sind dafür kurz. Sehr kurz. (Man beachte das Bild oben und die Dame rechts auf dem unteren Bild. Nein, der Rock beginnt nicht am Ende der Strümpfe.) Und ja, auch diese Röcke werden hier im Alltag getragen. Aber ein Shirt mit Ausschnitt - DAS geht gar nicht, das empfinden die Japaner als ungehörig. Nee, is klar.
Noch so ein Punkt, an dem man als teilnehmender Beobachter schon mal ins Schmunzeln gerät. (Böswillige Kommentatoren würden sagen/haben gesagt: Lohnt sich in der Regel auch nicht, die Sache mit dem Ausschnitt.)

Wie schön einfach ist es, in anderen Ländern auf die seltsamen Dinge zu zeigen und sich zu fragen, ob die das wohl ernst meinen (können). Immerhin auf den zweiten Blick frag ich mich ja oft: Wie ist das eigentlich bei uns? Welchen (ungeschriebenen) Gesetzen zu erlaubten und unerlaubten Klamotten gehorchen wie eigentlich jeden Tag? Machen sich in Schland die Mädels auch jeden Tag so zurecht, um a) zu gefallen und b) dem Ideal zu entsprechen? (Und wo wohnen die, die das machen?)


Bei Männern hier gerade schwer "in": Halbschuhe und hochgekrempelte Hosen. Aber ich hab ja keine Ahnung von Mode, ich kann das nur feststellen.


Genug gelästert für heute.

PS: Sneaker sind hier eher was für Senioren. Wohl aufgrund der Gemütlichkeit...

2 Kommentare:

  1. Das mit den Fahrrädern und "Verkehrsregeln", an die sich eh keiner hält, hast du sehr passend dargestellt xD. Ergänzend: eigentlich sollen Autos und Radfahrer links fahren und Fußgänger (wenn es keinen Fußweg gibt) rechts gehen. Das sich aber keiner dran hält und sich Japaner auf Fahrrädern wenn ihnen einer entgegen kommt, nie entscheiden können, in welche Richtung sie ausweichen sollen, muss man sich erstmal an das "Verkehrssystem" gewöhnen, um zu überleben.
    Das mit den Röcken und dazu passenden Overknee Stiefeln hab ich auch schon festgestellt. Manchmal denke ich mir, dass nicht mal Damen auf dem Kiez so rumlaufen bei uns... Und dann frag ich mich, was die damit bezwecken wollen. Perverse alte Männer gibt es ja hier auch genug, auch wenn man den das nicht auf den ersten Blick ansieht. Dadurch erklärt sich aber auch, warum Pornos und komische Bars usw. total auf diesen Schulmädchenstyle mit kurzen Rücken usw. ausgerichtet ist. Also ICH würde dann erstrecht nicht so rumlaufen!

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  2. Also, wenn die Radfahrer links fahren und die Fußgänger rechts laufen sollen, dann ist mir das Problem allerdings schon etwas klarer geworden.... ;-)
    Die Sache mit den "Röcken" kann ich dir auch nicht erklären, zumal angeblich fast alle Mädels schon mal in der Bahn begrapscht wurden... Klar, überhaupt kein Grund, sich selbst einzuschränken, aber... naja... soll doch jeder nach seiner Facon und so...

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