Sonntag, 16. Dezember 2012

Tokyos Waterkant


Mein ehemaliger Kollege Klaus hatte sich für einen beruflichen Kurzbesuch angekündigt. Da wollte ich mich doch nicht lumpen lassen und habe mich als Stadtführerin angeboten... Er hatte im Prinzip nur einen (halben) Tag Zeit, in der wollten wir die Stadt erkunden. Zunächst aber musste ich mich erst mal über den Stadtteil schlau machen, in dem sein Hotel sein würde. Warum diese Vorbereitungen? Weil es in Japan nicht so leicht ist, eine Adresse zu finden, wenn man nicht weiß, wo man hinwill. Es gibt zwar Hausnummern, aber die setzen sich wie folgt zusammen: Stadtteil-Straßennummer/Viertel/Nummer des Hauses. Durchnummeriert wird nach Baudatum. Mit anderen Worten: Wenn man nicht weiß, wo das Haus steht, das man sucht (oder zufällig weiß, ich welcher Reihenfolge die Häuser in dem entsprechenden Viertel gebaut wurden?!) hat man relativ schlechte Chancen, eine Adresse zu finden. Aus diesem Grund gibt hier jedes Geschäft seine Visitenkarten etc. mit aufgedrucktem Stadtplan aus. Sich per Karte zu orientieren ist hier total normal.
Ich hatte mir also den Standort des Hotels in meinem Reiseführer rausgesucht und bin dann einfach mit "meiner" U-Bahn zur dahin nächstgelegenen Metrostation gefahren. In diesem Fall: Ginza. Als Ginza, eigentlich ein Stadtteil, bezeichnet man auch gerne nur die große Straße in der Mitte, an der sich eine Nobelmarke an die nächste reiht (quasi die Kö von Tokio). Burberry, Chanel, Prada, Luis Vuitton, MontBlanc, Cartier undwiesiealleheißen. 

Wieder so ein lustiges Haus-Ensemble, wie man es überall in Tokio sieht.

Die Ginza - am Samstag von Weihnachten zur Fußgängerzone umfunktioniert!

Hier kann man lecker Krabben essen.

Ich bin dann bis zum Hotel gelaufen und von dort weiter Richtung Odaiba. Odaiba ist quasi Tokios Hafencity - ein relativ neuer Stadtteil auf einer künstlichen Insel. Auf dem Weg dahin kam ich an diesem Tempel (oder Schrein?) vorbei. Schande über mich, ich weiß es gerade nicht mehr. Die mit den roten Toren sind... äh. Schreine? Ist ja auch egal, auf jeden Fall war das mal wieder ein sehr japanischer Großstadt-Moment, wenn zwischen Hochhäusern und Bahntrassen auf einmal so ein kleiner Besinnungsort auftaucht.




Von diesen Häusern gibt es relativ viele in Tokio. Ich stell mir immer vor, dass es dazu ein Gespräch wie folgendes gegeben haben könnte. Bauherr: Hey, stell dir vor, ich hab noch ein badehandtuchgroßes unbebautes Grundstück gefunden. Architekt: Ah, warte mal, ich hab da noch nen Schuhkarton in der Garage, der könnte da hin passen....

Yey, und dann nur ein paar Minuten weiter gelaufen und schon steh ich endlich am Wasser. Als überzeugte Wahl-Hamburgerin hab ich das schon ein bißchen vermisst und habe mich von den Aussagen meiner Mit-Studentinnen, dass hier aber auch gar nichts zu sehen sei, nicht abschrecken lassen. Da ich allerbestes Wetter erwischt habe, fand ich es dann auch überhaupt nicht unansehlich. Tatsächlich ist die Tokioter Waterkant weniger für die Bürger gemacht als nach wie vor Industriestandort. Jedenfalls an vielen Stellen.







Ein kleiner Park mit einem Restaurant - wo man mit Blick aufs Wasser heiraten kann. Beim Thema Heiraten ist in Japan das Motto "Kitsch as Kitsch can" ganz weit vorn. Man nimmt sich halt aus allen Kulturen / Religionen immer das, was man gerade brauchen kann. Für Hochzeiten sind hier westliche Vorbilder mit weißen Kleidern, Sahnetorten und roten Rosen etc. pp das Mittel der Wahl. Und dann ab in den hübsch gemachten Park.


Im Hintergrund schon Odaiba, der Stadtteil auf der künstlichen Insel.

Die Möwer sitzen Spalier
Und dann mit der Bahn über die Rainbow-Bridge, mein persönlicher Tokio-Moment. Von der Rainbow-Bridge gibt es nämlich auch eine Web-Cam, deren Bilder ich häufiger mal angeschaut habe, als ich diese Reise geplant habe. So gesehen war die Rainbow-Bridge also für mich eine "alte Bekannte". Wenn ihr Nachtbilder von der Webcam anschaut, versteht ihr auch, warum die Brücke "Rainbow-Bridge" heißt. :-)


Und dann hab ich den Tokioter Strand gefunden. Auch nicht schlechter als der Elbstrand, würd ich sagen. Über die Wasserqualität in der Tokyo Bay weiß ich allerdings nichts. Ich vermute nicht viel Gutes.




Ja, hier wachsen Palmen. Wie überall in der Stadt.
"The swim in the park is prohibited." Armer Swim!





Fuji-TV-Headquarter




Ich war nicht die Einzige, die die Aussicht und das schöne Wetter genossen hat.


Könnte ein Hobby von mir werden: Menschen beim Fotografieren fotografieren.






Und mit diesem Ausflug hab ich dann perfekt den ganzen Tag rumgekriegt. Da es hier ja inzwischen wirklich früh dunkel wird (so gegen 16:30), versuche ich, auch an freien Tagen nicht das komplette Tageslicht zu verpassen. Deshalb werden also Dinge wie Aufräumen oder Lernen gerne mal auf die Abendstunden verschoben. Das war eine sehr schöne Runde, die ich hier gedreht hab. Mit Klaus bin ich dann am Ende aber gar nicht hierher gekommen. Zu wenig los hier, und zu wenig Zeit für die ganze Stadt um auch die abgelegenen Ecken mitzunehmen... Die Bahn, die über Odaiba fährt, fährt übrigens ohne Fahrer, ganz und gar vollautomatisch. Dafür ist sie ziemlich teuer und hat an den Haltestellen dieses künstliche Vogelgezwitscher, das mich inzwischen ziemlich wahnsinnig macht. Nicht nur, dass die Aufzüge und Rolltreppen mit einem reden, nein neben den diversen "die-Türen-schließen-gleich"-Melodien (jede Haltestelle hat eine eigene!) gibt es auch ganz viele Haltestellen, in denen die Leute mit Vogelgezwitscher vom Band beschallt werden. Wenn man das einmal bemerkt hat, kann man es leider nicht mehr ausblenden... Übrigens hat jede Haltestelle ihren eigenen Vogel. Äh. Will sagen: das Gezwitscher ist überall unterschiedlich. Heute in Roppongi war es ein Kuckuck oder auf jeden Fall etwas ähnliches. Aber dazu demnächst mehr.

1 Kommentar:

  1. Schöner Eintrag!! ich will auch nach odaiba wenn ich in Tokyo bin - dafür ertrage ich auch das Vogelgezwitscher ;9

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